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Haptik schlägt Hype: Wenn die Codes passen, dann ist auch die Gen Z begeistert von Print. Und angesichts der KI-Welle sollten wir traditionelle Druck-Handwerkskunst wiederentdecken. Sven Rieckmann, Executive Creative Director der Peter Schmidt Group, über gedruckte Sinnlichkeit in digitalen Zeiten.
Sie sind Kreativchef einer großen Designagentur und unterstützen bekannte Marken dabei, in ihrem Auftritt auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Spielt Print hier noch eine Rolle oder ist es völlig aus der Zeit gefallen?
Sven Rieckmann: Print ist durchaus relevant. Man muss nur darauf achten, bei welchen Anlässen es seine Stärken ausspielen kann. Sehen Sie sich die Trends an: Der Büchermarkt wächst Jahr für Jahr. Eine Mehrheit der Millennials druckt ihre Fotos auf Papier aus. Und Schüler*innen lernen lieber mit gedruckten als mit digitalen Materialien. Es gibt Bedürfnisse, für die Print die perfekte Antwort ist.
„Je mehr Sinnesreize von einer Marke ausgehen, desto stärker kann sie wirken. Durch das Spüren und Riechen entstehen Emotionen, Bindungen und Vertrauen.“
Sven Rieckmann
Executive Creative Director Peter Schmidt Group
Welche Bedürfnisse sind das konkret?
Rieckmann: Zum einen Bedürfnisse von Brands: Starke Marken sind multisensorisch. Und diese Multisensorik kann Print leisten. Je mehr Sinnesreize von einer Marke ausgehen, desto stärker kann sie wirken. Durch die Haptik, durch das Spüren und Riechen entstehen Emotionen, Bindungen und Vertrauen. Und dadurch verankern sich Marken stärker im Gedächtnis. Zum anderen sehnen sich in unserer chaotischen Welt viele Menschen nach Ruhe, Orientierung und Entschleunigung. Eine Printdoppelseite bietet viel mehr Klarheit und ist viel reizärmer als Social Media. Wenn man zwei Stunden durch seinen Instagram-Feed scrollt, dann hat man dieses unangenehme Gefühl, dass das nie endet. Print hat einen Anfang und ein Ende.
Bewegen wir uns nicht dank Künstlicher Intelligenz (KI) in die entgegengesetzte Richtung? Durch eine KI-generierte Content-Flut wird alles noch unübersichtlicher.
Rieckmann: Zu jedem Trend entwickelt sich ein Gegentrend, das geschieht ganz automatisch. Ich glaube deshalb, dass das Thema Craftsmanship, also Qualität und traditionelle Handwerkskunst, stark an Bedeutung gewinnen wird. Das ist eine große Chance für Print. Können KI-Resultate echte Handwerkskunst wirklich ersetzen? Wir müssen uns fragen, ob wir eine Qualität wiederentdecken können, die wir früher bereits besaßen, die aber verloren ging – und ob sie heute vielleicht zeitgemäßer denn je ist.
Warum Marken gerade jetzt durch Design Nähe aufbauen müssen – sehen Sie sich den Vortrag von Sven Rieckmann an den „WE.LOVE.PRINT meets Professional Printing Innovation Days“ bei Konica Minolta in Langenhagen/Hannover an.
Gilt das nur für die Babyboomer oder auch für die Gen Z?
Rieckmann: Es gibt sehr spannende Untersuchungen zu diesem Thema: Die Menschen vertrauen Anzeigen in gedruckten Prospekten viel mehr als Online-Anzeigen. Dieser Unterschied ist bei 18- bis 39-Jährigen sogar noch ausgeprägter. Und die Response-Rate auf Printmailings ist auch bei der jungen Generation um 10 bis 30 Prozent höher als auf E-Mails.
Andererseits lesen viel weniger Jugendliche gedruckte Zeitungen oder Zeitschriften als noch vor einigen Jahren. Wie passt das zusammen?
Rieckmann: Wenn Printprodukte die Gen Z ansprechen sollen, dann muss die Gestaltung passen: Sie muss einfach geil sein und einen Wow-Effekt haben. Die Design-Codes, die in der jeweiligen Zielgruppen-Bubble relevant sind, müssen stimmen. Ich sollte darauf achten, was die Leute abfeiern, und ihre Sprache sprechen. Die Gen Z ist keineswegs für Print verloren, wenn es richtig gemacht ist.
Was bedeutet das Thema Craftsmanship konkret in Ihrer Arbeit?
Rieckmann: Wenn einer meiner Kunden ein innovatives Produkt in Premium-Qualität auf den Markt bringt, dann muss die Verpackung diese Wertigkeit ausdrücken. Hochwertiges Packaging signalisiert: Auch das Produkt ist hochwertig. Ist es billig produziert und sieht ganz zerknittert aus? Oder sorge ich mit toller Haptik und mit Veredelungstechniken für Begeisterung? Das beeinflusst natürlich die Wahrnehmung und letztlich das Kaufverhalten.
Konica Minolta hat gemeinsam mit dem Fachverband Medienproduktion und weiteren Partnern die Initiative WE.LOVE.PRINT ins Leben gerufen. Das Ziel: Gemeinsam Werbung für die oft unterschätzte Gattung Print zu machen. Erfahren Sie mehr über die Initiative und über aktuelle Trendthemen in der Druckindustrie!